Myanmar als englische Kolonie (Geschichte Myanmars 8)

Königspalast
Königspalast in Mandalay

Das 19. Jahrhundert stand im Zeichen des Konflikts der Konbaung-Dynastie mit den Briten. Die Kolonialmacht beherrschte das benachbarte Indien und setzte dazu an, seine Stellung im südostasiatischen Raum zu stärken. In den drei anglo-birmanischen Kriegen wehrte sich das immer weiter zurückgedrängte unabhängige Myanmar gegen die europäischen Invasoren. Die Bamar versuchten durch Verwaltungsreformen und Modernisierung den Abstand zu den technisch weit überlegenen Briten zu verringern. Doch die schwache Wirtschaft und die kraftlose politische Position des Königs erschwerten das.

Im ersten Krieg von 1824 bis 1826 mussten die Bamar das heute zu Indien gehörende Assam, Manipur, Arakan und Tennesir abtreten. Im zweiten Krieg 1852/53 nahmen die Briten die gesamte Küstenlinie ein und kappten damit wichtige Handelsrouten ihrer Gegner. Das Kernland Myanmars blieb weiterhin in der Hand des birmanischen Königs. Viele Versuche den Konflikt durch Verhandlungen zu lösen scheiterten.

1878 bestieg der 19jährige Thibaw den Thron. Die Amtsübergabe verlief blutig: Um die Herrschaft des neuen Königs zu sichern wurden 70 Prinzen und Prinzessinnen ermordet.

Dieses Massaker lieferte einen Vorwand für den 3. Anglo-Birmanischen Krieg im Jahre 1885. Die Briten marschierten auf die Hauptstadt Mandalay und zwangen den König am 29. November in das Exil.

Die Briten wichen von ihrer gewohnten Politik ab. Es wäre zu erwarten gewesen, dass sie einen ihnen genehmen neuen Herrscher aus dem königlichen Umkreis auswählen würden, um durch ihn indirekt herrschen zu können. Doch sie entschieden sich anders – das Königtum wurde völlig zerschlagen: Wichtige Mitglieder der royalen Familie wurden verbannt, ihr Land beschlagnahmt und die Sklaven freigelassen. Der königliche Palast wurde zum britischen Hauptquartier; der Thronsaal diente dem „Upper Burma Club“ und wurde als Kapelle genutzt.



Die Häuser der Adligen, die rund um den königlichen Palast lagen, wurden zerstört und die Bewohner in die gewöhnlichen Wohnviertel verwiesen. Doch es kam für die Blaublüter noch schlimmer: In der Schatzkammer auf dem Palastgelände lagerten ihre Abstammungsnachweise, auf Manuskripten aus Palmblattpapier. Diese Genealogien waren äußerst wichtig, da sie das Recht auf Privilegien begründeten. Doch gleich in der ersten Nacht der Besatzung wurden sie zerstört – betrunkene Soldaten verbrannten sie.

Während die neuen Herrscher die Zügel im Kernland fest in der Hand hielten, gewährten sie den Shan-Völkern im Norden weitestgehend Autonomie.

Die harten Eingriffe in das soziale Gefüge veränderten die birmanische Gesellschaft. Das Kolonial-Regime nutzte die Kraft von permanent stationierter Truppen, um die Lage zu kontrollieren.

Die Beweggründe der Briten für das Auslöschen der Monarchie sind umstritten. Einige Historiker sehen in der Vertreibung des Königs einen Akt der Befreiung der Bevölkerung; andere vermuten, dass die Kolonialführung die einheimischen Herrscher als zu schwach eingestuft hatte, die britischen Interessen durchzusetzen.

Die Grenzregionen wurden in eigenständige Verwaltungsbezirke aufgeteilt. Damit verstimmten die Briten zwar die birmanischen Nationalisten, doch die in den Außenregionen Myanmars lebenden Völker werteten das als ein Entgegenkommen und standen loyal zu den Europäern. Diese „teile und herrsche“-Politik war äußerst effektiv und verhinderte, dass sich das besetzte Land gemeinsam gegen die Fremdherrschaft auflehnte.

Im vorkolonialen Myanmar war das Dorf die wichtigste soziale Einheit. Ein Dorfvorsteher stellte die Verbindung zum Staat dar. Bei Feiern und Veranstaltungen übernahm er die Güterversorgung. Benötigte die Gemeinde etwas, versuchte der Vorsteher es zu beschaffen. Im Gegenzug arbeiten Dorfbewohner auf seinem Land und standen ihm in militärischen Konflikten bei. Mit der Kolonialherrschaft veränderte sich die Bedeutung des Dorfvorstehers: er war fortan nicht mehr ein Mediator zwischen Staat und Bevölkerung, sondern ein reiner Agent der Kolonialmacht.

Die Briten waren an eine starke Wirtschaft interessiert, um möglichst viel Gewinn herausziehen zu können. So entstanden Monokulturen, die auf der einen Seite Reichtum in das Land brachten, zum anderen aber eine soziale Gefahr darstellten: Missernten konnten nicht mehr abgefangen werden.

Indische Geldgeber nutzen die Gelegenheit, Kredite an strauchelnde Landbesitzer zu vergeben. In erster Linie wollten sie Zinsen verdienen, doch im Falle der Zahlungsunfähigkeit ging das Land in ihre Hände über. Vor allem in Zeiten der großen Depression, Ende der 1920er-Jahre, sammelten sie unfreiwillig große Anbauflächen an. In Myanmar wurde die Landakkumulation der Fremden nicht gerne gesehen. Sie verstärkte die Unzufriedenheit im Lande. Es entstanden Dorfzusammenschlüsse, die nicht nur gegen die indischen Kreditleiher, sondern auch gegen die britische Kolonialverwaltung – und ihrem Verbindungsmann, dem örtlichen Vorsteher – eintraten.

Sie bildeten eigene Gerichtshöfe und erließen Konsumvorschriften. So sollten amerikanische Zigaretten, Öl der schottischen Burmah Oil Company und teure Kleidung gemieden werden. Mit Hinweis auf die buddhistischen Schriften wurde der Verzicht auf Alkohol, Fleisch und Opium nahegelegt.

Literatur:

Topich, William J.; Leitlich, Keith A.: The History of Myanmar. Santa Barbara, 2013.

Geschichte Myanmars, Teil 7: Die Konbaung-Dynastie
Teil 9: Yangon – der neue Mittelpunkt



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