Sawai Madho Sing II (1862-1922)

Geschichte der Maharajas von Jaipur 3

Der neue Maharaja war erst 18, als er das Gaddi bestieg. Auf den ersten Blick schien er eine unpassende Wahl für das Amt gewesen zu sein: Er war ungebildet und hatte keine Erfahrung in Bezug auf die kommenden Aufgaben. Doch seine Durchsetzungsstärke machte diese Nachteile wieder wett und die politischen Änderungen dieser Zeit eröffneten ihm viele Chancen.

Die Briten schlossen Princely India weiterhin an ihr Kolonialreich an und versorgten die Durbars verstärkt mit Ressourcen. Sie förderten den Anbau von Cash-Crops wie Baumwolle, Zucker und Opium. Madho Singh war geschickt, diese Mittel auszunutzen. Innerhalb der vier Dekaden seiner Herrschaft konnte er die Einnahmen Rajputanas verdoppeln – von geschätzt 2,7 Mio. Rs. auf 4,5 Mio. im Jahr 1922.

Innenpolitisch verfolgte er einen härteren Kurs gegenüber den anderen Adligen als sein Vorgänger. Während dieser auf einen Interessensausgleich bedacht war, betonte Madho Singh seinen Machtanspruch gegenüber den anderen Nobelleuten.

Die Briten waren mit dem neuen Maharaja zufrieden. In den ersten Jahren finden sich vor allem positive Beurteilungen Madho Singhs. Er galt als gutartig, loyal und zugänglich für Anweisungen. Jaipur galt als gut regiert. Im Verlaufe der Zeit wurden die Stimmen allerdings kritischer: Es wurde bemängelt, dass er Anweisungen abwies, wenn sie ihm nicht gefielen, und es gab häufiger Auseinandersetzungen zwischen ihm und der britischen Rajputana-Agency. Doch diese Probleme führten nicht zu einem größeren Konflikt. Die Europäer schätzen die gute Arbeit, die Madho Singh leistete und er war einer der loyalsten Feudalherren ihrer Majestät.

Sawai Madho Sing II.

Wie gut das Land tatsächlich verwaltet war, konnten die Briten allerdings nur schätzen, denn die Administration Rajputanas war nicht sehr transparent. Der Maharaja erzählte so wenig wie möglich und sendete auch keine Reports. Die gute Verwaltung ließ sich nur von den Ergebnissen herleiten: Rajputana war ein reicher Staat und in vielen Bereichen, wie medizinische Versorgung und Bildung, wurde gute Arbeit geleistet. Allerdings gab es auch Schwachstellen: Militär, Polizei, Hygiene und Fiskus galten als ausbaufähig.

Die Schwächen im militärischen Bereich veranlasste die Briten zu reagieren. Ihnen war wichtig, dass Rajputana in der Lage war, im Inneren und nach Außen, wo Afghanen und Russen drohten, für Stabilität und Abschreckung zu sorgen. Sie schickten Kanonen und Geld und Madho Singh stellte ein Pony-Korps auf, da die Briten Hilfstruppen benötigten.

Wie schon Ram Singh profitierte auch der neue Maharaja vom weiteren Ausbau der Eisenbahn. Bis zu seinem Tode war jeder wichtige Ort der Region mit der Bahn verbunden, insgesamt 800 km Schienen wurden verlegt. Madho Singh spülte das viel Geld in die Kasse, bis zu 2 Mio. Rs.

Der Maharaja schreckte nicht vor windigen Projekten zurück. So lieh er sich 5 Mio. Rs. in London für die Nagda-Mathura-Bahnlinie. Die ausgemachten 4,5% return of investment, die das staatliche Railway-Board prognostiziert hatten, wurden aufgrund der wirtschaftlichen Lage nicht eingehalten. Allerdings kam nach dem Tode Madho Singhs heraus, dass dieser innerhalb von 20 Jahren 9,5 Mio. Rs. aus dieser Investition herausgezogen hatte.

In den letzten Lebensjahren stand Madho Singh unter dem Bann einer „weiblichen Rasputin“ namens Rup Rai. Sie war eine Konkubine und ihr Patron, der berüchtigte Kasji Bala Bux, war Schatzmeister und graue Eminenz in Rajputana. Madho Singh schloss sich nach außen stärker ab, ignorierte medizinische Ratschläge der Briten und politische Ratschläge seines bengalischen Vertrauten. Er widmete sich vermehrt der Esoterik. Rup Rai beschwor Geister von Verstorbenen, die der Maharaja vermisste und sprach von ihm als Inkarnation des Ganga Mata, einer Manifestation von Gott, die vor allem am Ganges verehrt wird.

Madho Singh steigerte in dieser Phase weiter sein Selbstvertrauen. Es war die Zeit des 1. Weltkrieges und Mahatma Gandhis – das indische Nationalgefühl wuchs. Der Maharaja erkannte seinen Einfluss und seine herausgehobene Stellung im Empire und trat dementsprechend stark auf. So konnte er, selbst als er sterbenskrank war, trotz aller Intrigen seinen Wunschnachfolger durchsetzen: Sawai Man Singh II.

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