Paleo-Diät am Gelben Fluss

In diesem Artikel will ich mir die Ernährung am Gelben Fluss (chin. Huáng Hé, 黄河) in der Zeit von 28 ka BP bis 8,5 ka BP ansehen.

Als kleine Warnung vorweg: normalerweise ließe sich dieser Beitrag schön bebildern, allerdings habe ich darauf verzichtet, da das aus Copyright-Gründen recht aufwendig gewesen wäre. Von daher ist hier nur karger Text zu finden. 

Zurück zum Thema: Die Zentralebene gilt als besonders relevant für die chinesische, paläolithische Forschung. Hier findet sich eine hohe Dichte an Ausgrabungsstätten. Allein im Südosten der Provinz Shānxī (chin. 山西), die vom Gelben Fluss umlaufen wird, sind seit den 1950er Jahren mehr als 300 paläolithische Stätten entdeckt worden, die zeitlich vom frühen Pleistozän bis zum Ende der Eiszeit eingeordnet werden (WANG 2018).

Besonders interessant sind die Ausgrabungsstätten bei Shìzitān (chin. 柿子滩), in denen Spuren von regelmäßiger Besiedlung nachzuweisen sind. Dadurch lässt sich beobachten, wie sich die Lebensbedingungen während des Last Glacial Maximum (LGM) und der Zeit danach verändert haben (SONG u.a. 2017).

Shìzitān liegt östlich des Gelben Flusses und nördlich des Qīngshuǐ-Flusses (chin. 清水河) und gehört zu den nördlichsten besiedelten Gebieten Chinas im LGM. Die flachen Berge und weiten Täler boten genügend Wasser, sowie pflanzliche und tierische Nahrung und waren damit ein Refugium für Jäger und Sammler (SONG u.a. 2017).

Die ersten Funde stammen aus den 1980er Jahren, doch die systematischen Ausgrabungen fanden vor allem in der Zeit von 2000 bis 2010 statt. Insgesamt 300 Feuerstellen und mehr als 100.000 menschliche Artefakte aus dem Zeitraum 29 ka BP bis 8,5 ka BP wurden zu Tage gefördert. Ab 25 ka BP sind in den Erdschichten Mikrolithe zu finden (Habu u.a. 2017). An keinem der Orte wurden Haus-Strukturen, Töpferei, Gräber oder Lager entdeckt, was ein Hinweis auf einen Jäger-Sammler-Lebensstil ist (LIU u.a. 2013).

In den Jahren nach 2010 entstanden eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten, die unterschiedliche Aspekte der Grabungen bei Shìzitān betrachteten. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Grundlagenforschung. Das bedeutet, dass Ausgrabungsstellen und Fundstücke vorgestellt und dass Ergebnisse von naturwissenschaftlichen Analysen dargestellt werden. Ausführliche weiterführende Interpretationen über die Lebensweise der Menschen im Paläolithikum, beispielsweise wie Lebensmittel zubereitet wurden, sind in der englischsprachigen Literatur nicht zu finden.

Die Ausgrabungsstätten

Shìzitān 29 ist eine besonders gut erforschte Ausgrabungsstelle. Bei den Ausgrabungen, die von März 2009 bis Oktober 2010 vom Shanxi Provincial Museum und dem Archäologie Department der Shanxi-Universität durchgeführt wurden, arbeiteten durchgehend mehr als 30 Personen. Sie gruben auf einer Fläche von 1200 m² bis zu 15 m tief. Dabei wurden acht „cultural layer“ mit einer Höhe von 0,5-1,5 m freigelegt. Als „cultural layer“ gilt hier eine Schicht, in der menschliche Artefakte gefunden wurden (SONG u.a. 2017).

Die älteste Schicht wird auf 28 Ka cal BP datiert, die jüngste auf 13 Ka cal BP. Größere chronologische Lücken gibt es nur zwischen der ältesten und zweitältesten Schicht – da ist über einen Zeitraum von 2000 Jahren kein Artefakt zu entdecken – und zwischen der jüngsten und zweitjüngsten, die 5000 Jahre trennt (SONG u.a. 2017).

Shìzitān 29 lieferte um ein Vielfaches mehr menschliche Spuren als die anderen Ausgrabungsstätten der Region zusammen: Insgesamt wurden hier 285 Feuerstellen und mehr als 75.000 Artefakte entdeckt (SONG u.a. 2017).

In der ältesten Schicht, Layer 8 genannt, sind keine Feuerstellen gefunden worden und nur wenige Artefakte wurden freigelegt. Das Bild bessert sich aber in den oberen Schichten und besonders die Layer 2 bis 6 sind besonders ergiebig.

Die Funde wurden mit einem breiten Spektrum an naturwissenschaftlichen Methoden erforscht. Es gab C14-Untersuchungen, mikromorphologische Untersuchungen des Bodens, Analyse von Pollen und Nicht-Pollen-Palynormorphen (NPP) und Fauna-Analysen (SONG u.a. 2017).

Shìzitān 14 wurde zwischen 2000, 2003 und 2005 untersucht. Auf 25 m² wurden drei Schichten zwischen 50 und 100 cm ausgegraben, die von 23 Ka cal BP bis 18 Ka cal BP datiert wurden. Es wurden 17 Feuerstellen, 1643 Steinartefakte und 2776 Fragmente von Tierknochen entdeckt. In der Nähe der Feuerstellen wurden einige Mahlsteine gefunden (LIU u.a. 2013).

Shìzitān 9 wurde in drei Sessions in den Jahren 2001, 2002 und 2005 freigelegt. Auf einer Fläche von 25 m² wurde bis zu 4,55 m tief gegraben. 2359 Funde wurden registriert, die sich in 1652 Steinartefakte, 695 Fauna-Reste und 12 Muschelteile aufteilen lassen. Beim Sieben und Screenen sind weitere fast 5000 Funde entdeckt worden. Davon 4516 Fauna-Reste, 394 Steinartefakte, 5 Muschelstücke und 11 Schalenstücke von Straußeneiern. Das Alter der Stücke reicht von 13 ka cal BP bis 8 ka cal BP (Shizitan Archaeological 2012).

Die paläolithische Landschaft

Die Pollen wurden in Shìzitān für die Zeit von 35,1 ka BP bis 9,4 ka BP untersucht. Anhand der Daten lässt sich die Landschaft rekonstruieren. Grob lässt sich der untersuchte Zeitraum nach XIA in vier Phasen einteilen:

Phase IV: In der Zeit von 35,1 ka BP bis 17 ka BP ist die Landschaft unter dem starken Einfluss der Eiszeit. Das Klima ist kalt und trocken. Die Landschaft ist eine wüstenähnliche Steppe. Am Ende dieser Phase wird es feuchter und wechselt von trocken zu semi-humid.

In dieser Zeit gibt es Bäume, allerdings sind es fast ausschließlich Kiefern (Pinus). Für eine kurze Periode gab es vermehrt Wachstum von Farnen, doch am besten trifft die Vorstellung einer Graslandschaft. Die Pflanzengattungen Artemisia (aus der Familie der Korbblütler), Fuchsschwanzgewächse (Chenopodiaceae), Süßgräser (Gramineae), Wiesenraute (Thalictrum), Moosfarne (Selaginella) und später Hahnenfußgefächse (Ranunculaeceae) stellen den Großteil der hiesigen Kräuterwelt.

Phase III: Die Periode von 17,0 ka BP bis 11,9 ka BP ist die frühe und mittlere Phase der Entgletscherung. Die Region wird dominiert von semi-ariden Steppen und mildem Klima.

Der Unterschied zur vorherigen Phase ist vor allem der vielfältigere Baumwuchs. Neben Kiefern finden sich nun Birken (Betula), Eicheln (Quercus), Tamariskengewächse (Tamaricaceae) und Meerträubel (Ephedra).  Die Kräuter waren ähnlich wie zuvor, nur die Wiesenraute verschwand und kam erst in der späteren Phase wieder.

Phase II: Für eine kurze Zeit erhält die Kälte zwischen 11,9 ka BP und 10,5 ka BP wieder Einzug. Wieder wandelt sich die Region zu einer wüstenähnlichen Steppe.

Im Vergleich zur früheren kalten Phase gab es keine reine Kiefernlandschaft. Daneben existierten zeitweise Birken und Tamarisken.

Phase I: Erst ab 10,5 ka BP bis zum Ende des betrachteten Zeitraumes 9,4 ka BP werden die Lebensbedienungen wieder freundlicher. Zunächst war das Klima mild und semi-arid. In der nachfolgenden Zeit wurde es wärmer und semi-humid.

Die Eiche kehr wieder zurück in die Landschaft und Moosfarne verbreiten sich. Neu sind die Vögelknöteriche (Polygonum), die zuvor nur eine unbedeutende Rolle spielten (XIA 2002).

Tierische Nahrung

In Bezug auf tierische Nahrungsquellen der Altsteinzeit in der Region Shìzitān bietet die Ausgrabungsstelle Nr. 29 eine Vielzahl an geeigneten Funden. Insgesamt wurden 5749 Tierknochen in situ geplottet, aber es ist noch mehr Material vorhanden. Der Zustand der Reste ist höchst unterschiedlich: die meisten Knochen wiesen Feuerspuren auf, einige waren schwarz, grau, komplett verbrannt oder in Stücken gebrochen. Insgesamt konnten sieben unterschiedliche Säugetiergattungen bestimmt werden (SONG u.a. 2017).

Die erste Art ist Megaloceros ordosianus. Teilweise findet sich in der Literatur auch die Bezeichnung Sinomegaceros. Doch nach Vislobokova (Vislobokova 2012) handelt es sich um unterschiedliche, aber nahe verwandte Arten. Es ist eine große Hirschart, die ausgestorben ist. In der Grabungsstelle Shìzitān 29 wurden Überreste in allen Schichten gefunden, mit Ausnahme von den Layern 6 und 2. In der ältesten Schicht sind die gefundenen Tierreste ausschließlich dem Megaloceros ordosianus zuordenbar.

Neben Spuren von großen Hirschen konnten auch Skelette von mittelgroßen Hirschen der Familie der Cervidae gefunden werden. Funde gab es in Layer 7, 6 und 4.

Auch Pferde und Esel dienten der Ernährung und wurden in allen Schichten mit Ausnahme von 5 und 8 gefunden. Genauer handelt es sich dabei um das Hauspferd (Equus caballus) oder den Asiatisches Wildpferd (Asiatisches Wildpferd) und dem Asiatische Esel (Equus hermionus).

In den meisten Layern wurden Knochen von Gazellen gefunden, die Procapra przewalskii. Nur in der jüngsten und den beiden ältesten Schichten gibt es keinen Hinweis auf sie.

Ein weiteres heute ausgestorbene Tier wurde in den Schichten 5 und 1 gefunden: der Auerochse (Bos primigenius).

Andere Knochenfunde lassen auf Ovibovinae schließen, sie gehören dem Untertribus Ziegenartige an. Eine genauere Bestimmung ist nicht möglich. Es wurden auch Wollfasern gefunden, die von Tieren, ähnlich dem Moschusochsen stammen könnten. Die Spuren wurden in den mittleren Schichten 5, 4 und 3 gefunden (SONG u.a. 2017).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in allen Schichten Knochen von großen Säugetieren gefunden werden konnten. Im ältesten Layer wurden ausschließlich Reste großer Hirsche gefunden, doch hier wurden generell nur wenige Artefakte entdeckt.

In den meisten Phasen scheinen Hirsche, Pferde und Esel die wichtigste tierische Nahrungsquelle gewesen zu sein (SONG u.a. 2017). Es lässt sich aber erkennen, dass in den unterschiedlichen Perioden eine andere Zusammensetzung der verspeisten Tierarten zu finden ist. Das ist zu erwarten, da anhand des Pollenprofils auf unterschiedliche klimatische Bedingungen geschlossen werden konnte und damit auch die Fauna einer Wandlung unterlag.

Pflanzliche Nahrung

Zur pflanzlichen Nahrung finden sich Analysen von den Fundstellen Shìzitān 9, 14 und 29 (LIU u.a. 2013).

Von der Grabung S14 wurden 3 Mahlsteine genauer untersucht, die aus der Zeit von 23 ka cal BP bis 18 ka cal BP stammen.

Insgesamt zehn Proben wurden genommen und analysiert. Dabei wurden Spuren von Holzkohle gefunden, die wahrscheinlich aufgrund der nahen Lage zur Feuerstelle oder aufgrund der Lebensmittelzubereitung auf die Steine gelangte.

Unter den Phytolithen gab es keine Hinweise, dass die Mahlsteine zum Entschalen von Cerealien genutzt wurden.

Die festgestellte Stärkekörner stammen von unterschiedlichen Nahrungsmitteln. Gefunden wurden:

  • Triticeae (33%)
  • Yam (18%),
  • Bohnen (15%)
  • Paniceae (13%)
  • Schlangenhaargurke (11%)

Aus der prozentualen Verteilung eines bestimmten Phytoliths lässt sich der genaue Anteil an der Ernährung allerdings nicht einfach ableiten, da unterschiedliche pflanzliche Nahrungsmittel auf verschiedene Weise Spuren hinterlassen und die Datenlage in diesem Fall generell zu dünn ist.  

Die untersuchten Mahlsteine der Grabungsstelle S29 aus den Layern 2 bis 7 wiesen Paniceae-Phytolithe aus. Zusätzlich wurden bei der NPP-Analyse Poaceae-Phytoliten gefunden.  SONG geht davon aus, dass wildes Poaceae ebenfalls als Nahrungsquelle diente. Es wurde in allen Schichten von S29 nachgewiesen (Yanhua 2017).

Aus der Grabungsstelle S9 gibt es Analysen zu jüngeren Mahlsteinen. Insgesamt 2 Platten und 2 Handsteine aus Sandstein wurden untersucht. Es wurden vor allem Spuren von den Gräsern Panicoideae, Pooideae (beides aus der Familie der Poaceae) und Eicheln (Quercus sp.) gefunden. Daneben gab es nur zu einem kleinen Anteil Yam und Bohnen (Fabaceae) (LIU u.a. 2011).

Aus den gesammelten Daten der unterschiedlichen Grabungsstätten lässt sich erkennen, dass Gräser (Poaceae) eine wichtige Stellung im Speiseplan der Menschen zu dieser Zeit hatten. Zum einen wurden an allen Orten an den Mahlsteinen Gräser gefunden und zum anderen war die Landschaft, wie die Pollenanalyse zeigt, ein von Grass dominiertes Ökosystem.

Die gefundenen Poaceae-Phytolithe stammen aus zwei Unterfamilien: Panicoideae und Pooideae.

Bei den Panicoideae konnte der Tribus Paniceae bestimmt werden.

Von der zweiten Unterfamilie Pooideae konnte das Triticeae erkannt werden. Hierbei handelt es sich, wie zu erwarten, um eine C3-Pflanze (Hodkinson 2018).

Ein weiteres Nahrungsmittel waren die Bohnen. Die wurden auch an anderen neolithischen Stätten in Nordchina gefunden (z.b. in Egou, Shangzhai). Bohnen scheinen zu den ersten von Jägern und Sammlern genutzten Pflanzen in China gehört zu haben. Allerdings lässt sich die Taxonomie nicht identifizieren. Erst durch makrobotanische Reste aus Shandong konnte eine Bohne genauer bestimmt werden. Es handelte sich dabei um Adzuki (Vigna angularis). Da bisher im prähistorischen China nur Vigna festgestellt werden konnten, kann spekuliert werden, dass auch vor dem Jahr 4,5 ka BP die Gattung vorherrschend war. Aber der Beweis anhand von makrobotanischen Funden steht noch aus.

Yam (Dioscorea yam) ist ebenfalls an vielen Orten in China gefunden worden. Von der Altsteinzeit bis hin zur Bronzezeit. Die ältesten Funde sind auf 28 ka cal BP datiert. Heute gilt Yams als traditionelle Medizin.

Ein weiteres, entdecktes Nahrungsmittel ist Trichosanthes cucumerina (Schlangenhaargurke, engl. snake gourd). Die ältesten Spuren sind die aus Shìzitān 14. Daneben gibt es weitere Fundorte, wie Shìzitān 9, Egou und Shigu. Es scheint wie Yams bei Jägern und Sammlern viel gegessen worden zu sein und hat es ebenfalls in die moderne Zeit geschafft. Allerdings gilt Schlangenhaargurke nur als Essen in Notzeiten und als traditionelle Medizin. Die Zubereitung heute ist aufwendig: die Wurzel wird 4 bis 5 Tage in Wasser eingelegt, wobei dieses täglich gewechselt werden muss. Anschließend kann ein feines Mehl gewonnen werden, aus denen Kuchen oder Nudeln geformt werden. Wie in der Steinzeit Schlangenhaargurke verarbeitet wurde, ist nicht bekannt.

Die Entdeckung von Eicheln in der jüngeren Grabungsstelle S9 ist nicht ungewöhnlich in Nordchina dieser Zeit. Beispielsweise in der neolithischen Ausgrabungsstelle Donghulin wurden ebenfalls Spuren an Mahlsteinen nachgewiesen (LIU u.a. 2010).

Je nach Art enthält Quercus eine unterschiedliche Dosis an Tanninsäure, die für Menschen toxisch ist. Oft ist diese hoch genug, um den Verzehr von rohen Eicheln zu verhindern. Bei den Ureinwohnern Nordamerikas lässt sich eine Zubereitungsmöglichkeit finden, die ein wenig an die Schlangenhaargurke Aufbereitung erinnert: Mit Steinen wird die Eichel geöffnet, das Innere wird zermahlen. Anschließend wird die Tanninsäure mit Wasser ausgespült. Dazu gibt es mehrere Methoden, teils mit warmen, teils mit kaltem Wasser. Der Auswasch-Prozess mit kaltem Wasser dauert länger, spült aber weniger Vitalstoffe aus (Driver 1952).

Fazit

Shìzitān bedeutet übersetzt Kakipflaumenstrand. Allerdings hatten die Menschen der Steinzeit nicht das Glück auf diese wohlschmeckende Frucht zugreifen zu können – unter anderem war dazu das Klima zu kalt. Die Ausgrabungsstätten nahe des Qīngshuǐ-Flusses bieten zwar nicht die Möglichkeit, einen vollständigen Überblick über die Ernährungsgewohnheiten der Jäger und Sammler zu gewinnen, doch können Teile des Ernährungsplans rekonstruiert werden.

Vor allem die Grabungsstätte Shìzitān 29 gewährt einen Einblick in die Veränderungen während des Last Glacial Maximums über einen längeren Zeitraum hinweg.

Die meisten Schichten von S29 stammen aus der Zeit, die von XIA in seiner Pollenanalyse als Phase 4 geführt wurde. In dieser Zeit war die Landschaft grob als kalt, trocken und als wüstenähnliche Steppe beschreibbar. Allerdings zeigt ein genauerer Blick, dass es in dieser Phase durchaus Wandlungen gab. Anhand der rekonstruierten Fauna lässt sich ein genaueres Bild gewinnen, da Tiere unterschiedliche Habitate bevorzugen.

In der Schicht 8, die aus der Zeit um ungefähr 28 ka cal BP stammt, wurden ausschließlich Knochen des Megaloceros ordosianus gefunden, die den Übergangsbereich von Prärie zu Wald bevorzugen. Das spricht dafür, dass die Gegend mit Waldstücken versehen waren. Zu dieser Zeit lässt sich aufgrund der schlechten Datenlage wenig sagen.

Der Layer 7 enthält Fundstücke aus der Zeit von ca. 24 ka cal BP bis 26 ka cal BP. Hier weisen die Funde auf einen breiten aufgestellten Speiseplan hin. Die großen Hirsche Megaloceros ordosianus scheinen zwar mit 61% aller Funde immer noch die wichtigste Nahrungsquelle gewesen zu sein, doch es finden sich nun auch mittelgroße Hirsche Cervidae, Pferde und Esel. Das könnte auf eine expandierende Steppe hindeuten.

Diese These wird bestärkt, da in nachfolgenden Schicht 6, die Knochen der Przewalski-Gazelle gefunden werden, die Steppen und Halbwüsten bevorzugt. Daher scheint es trockener geworden zu sein. Dazu passt, dass die Reste von Megaloceros ordosianus weniger werden und Pferde und Esel die wichtigste Fundkategorie bilden.

Zu einem abrupten Wechsel kommt es in der nachfolgenden Schicht, die Artefakte enthält, die grob aus der Zeit von 24 ka cal BP bis 23 ka cal BP stammen. Die Fauna scheint komplett zu wechseln. Es werden nur noch Knochen von Auerochsen, Gazellen und Ovibovinae gefunden. An dieser Stelle ist noch Forschung nötig, ob die Änderung auf klimatische Ereignisse oder auf menschliches Verhalten zurückzuführen ist (SONG u.a. 2017).

Layer 3 und 4 bilden ungefähr die Zeit von 24 ka cal BP bis 22 ka cal BP ab. In dieser Phase sind die ersten Analysen der Mahlsteine verfügbar und somit kann auch ein Teil der pflanzlichen Nahrung erschlossen werden. Dazu gehören unterschiedliche Gräser, Yam, Bohnen und Schlangenhaargurke. Die tierische Ernährung ist breitgefächert: Pferde, Esel, Ovibovinae, Gazellen, Cervidae und Megaloceros ordosianus (nur Schicht 4) werden gefunden.

Schicht 2 stammt ungefähr aus der Zeit von 18 ka cal BP. Hier sind nur noch Knochen von Pferden, Eseln und Gazellen zu finden.

Eine große Lücke klafft zur Schicht 1, die aus der Zeit um 13 ka cal BP stammt. Dies ist die Phase III nach XIA und steht damit für ein semi-arides, mildes Klima. Auch die Fauna passt sich dem an. Neben Pferden, Megaloceros ordosianus gibt es Auerochsen (SONG u.a. 2017).

Für den letzten Abschnitt der in diesem Artikel betrachteten Zeit kann ein Blick auf die Ausgrabungsstelle S9 (13,8 ka cal BP – 8,5 ka cal BP) Informationen liefern. Hier findet sich der Hinweis auf die Verarbeitung von Eicheln. Das steht in Einklang mit den Pollenanalysen von XIA, die Eichenwachstum am Ende von Phase 3 und in der Phase 1 zeigen.

Auffällig ist, dass trotz des nahe gelegenen Gelben Flusses und des Qīngshuǐ-Flusses keine Hinweise auf Fischerei zu finden sind. Mit Blick auf die Bianbiandong-Höhle, scheint erst in der Zeit zwischen 10 ka BP und 8 ka BP der Übergang von reiner Jagd auf Jagd und Fischen stattgefunden zu haben (SONG u.a. 2019).

Es zeigt sich, dass den Jägern und Sammlern in Shìzitān auch in der Zeit des LGM und der unmittelbar anschließenden Periode unterschiedliche Nahrungsressourcen zur Verfügung standen. In einige Phasen konnten die Jäger und Sammler eine Vielzahl an unterschiedlichen großen Säugetieren jagen. LIU Li sieht an dieser Stelle bereits einen Teil der „deep history“ der „broad sprectrum subsistence strategy“ (LIU u.a. 2013).

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