Das unabhängige Myanmar (Geschichte Myanmars 10)

Aung San
Aung San (Foto: Wikimedia Commons)

Im neuen Staatsgefüge nahm Aung San die erste Position ein. Er war zwar ein Mann des Militärs, doch innenpolitisch suchte er einen gemäßigten, friedvollen Weg. Die verschiedenen Völker und Religionen sollten das neue Myanmar gemeinsam aufbauen. Schon in Kriegszeiten setzte er ein Zeichen, als er als Buddhist die Christin Daw Khin Kyi heiratete. Mit ihr hatte er drei Kinder: zwei Söhne und eine Tochter, die spätere Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Doch Aung San blieb keine Zeit, seine politischen Ideen umzusetzen. Noch bevor die Briten das Land verließen, fiel er einem Attentat zum Opfer. Am 19. Juli 1947 stürmten vier mit Maschinenpistolen bewaffnete Männer eine Kabinettssitzung und erschossen sieben der anwesenden Politiker. Unter den Toten befanden sich Aung San und Mahn Ba Khaing, ein Karen-Anführer. U Saw, ein ehemaliger Premierminister aus der Vorkriegszeit, wurde später als Drahtzieher überführt und hingerichtet.

Mit dem Tod Aung Sans verschwand das Völker und Religionen verbindende Element in der Politik Myanmars. U Nu, der ebenfalls aus den Reihen der „30 Kameraden“ stammte, übernahm die Amtsgeschäfte. Ihm fehlten sowohl das Charisma als auch die administrative Erfahrung,  um das Land in eine ruhige Lage zu manövrieren.


Am 4. Januar 1948 wurde Myanmar offiziell ein unabhängiger Staat. Das Datum wurde von einem buddhistischen Mönch und einem Astrologen als besonders günstig vorgeschlagen. Die Verfassung sah eine parlamentarische Demokratie vor. Der erste Präsident U Nu wurde indirekt durch das Parlament gewählt und verfügte über eine eingeschränkte Führungsmacht.

U Nu bedachte Ne Win mit mehreren Kabinettsposten. Die neue Regierung hatte eine enge Bindung zum Militär und die ersten Anzeichen der späteren Diktatur wurden offenbar. Die Machthaber stockten Polizei und Armee massiv auf.

Durch den Korea-Krieg Anfang der 1950er-Jahre stieg der weltweite Bedarf an Reis und trieb damit die Preise in die Höhe. Für den jungen Staat Myanmar war das eine gute Möglichkeit den Export anzukurbeln. Allerdings wurde versäumt in dieser guten Phase zukunftsträchtige Projekte zu finanzieren. Die konservativen Bauern verzichteten auf eine Modernisierung der Landwirtschaft und die korrupte Verwaltung verhinderte die Entwicklung von neuen Industrien. Nachdem der Reismarkt sich normalisierte, trat der Handel in den Hintergrund. Hauptpartner wurden die sozialistischen Staaten, die Myanmar mit qualitativ eher minderwertigen Gütern versorgten. Der wichtigste westliche Handelspartner wurde die USA, die u.a. Tabak und Baumwolle lieferten.

Die britische „teile und herrsche“-Politik, die die historischen und kulturellen Unterschiede der einzelnen Völker betonte, wirkte in das unabhängige Myanmar hinein.  Die Folge war ein tief gespaltenes Land. Die Politik wurde von den Bamar dominiert. Diese Volksgruppe stellte ungefähr zwei Drittel der Bevölkerung. Die vielen ethnischen Gruppierungen des Landes hatten kaum Mitgestaltungsmöglichkeiten. Karen, Shan, Kachin, Chin, Mon und Arakanesen kämpften seit Beginn der Unabhängigkeit für mehr Autonomie.

Nach den Truppenabzügen der Japaner und Briten verblieben viele der Schusswaffen im Land und machten Myanmar damit sprichwörtlich zu einem Pulverfass. Die Anfangsjahre des jungen Staates wurde von einer Vielzahl von Konflikten überschattet. Die Gegner der Regierungstruppen rekrutierten sich aus der kommunistischen Bewegung und aus den verschiedenen ethnischen Minderheiten.

Die Kommunisten waren in zwei Fraktionen gespalten: die kleine, radikale Gruppe der Rote-Flagge-Kommunisten der „Communist Party of Burma“ (CPB) unter der Führung von Thakin Soe setzte mit Beginn der Unabhängigkeit auf den bewaffneten Kampf.  Ein größeres Problem für die Regierung in Yangon stellten die Weiße-Flagge-Kommunisten der „Burmese Communist Party“ (BCP) dar. Sie konnten 12.000 bewaffnete Kämpfer aufbieten und wurden von dem vormaligen Aung San-Vertrauten und Kabinettsmitglied Than Tun angeführt. Die BCP stand für die Ideen Maos und einem landwirtschaftlich ausgerichteten Kommunismus ein. Als am 28. März 1949 Premierminister U Nu in einen Konflikt mit Than Tun geriet und ihn aus dem Kabinett ausschloss, revoltierten die Weiße-Flagge-Kommunisten.

Neben diesen Krisenherden hatte die Zentralregierung in Yangon Schwierigkeiten die separatistischen Bestrebungen einiger Volksstämme einzuschränken. U Nu war zwar bereit, den Minderheiten mehr Rechte zuzugestehen, doch konnte er sich in den eigenen Reihen gegen die Hardliner nicht durchsetzen. Innerhalb der Karen bildete sich eine militante Bewegung, die sich blutige Gefechte mit der birmanischen Armee lieferte.

Alle Anzeichen wiesen darauf hin, dass der neue Staat nicht lange bestehen würde. Doch dem zum General beförderten Ne Win gelang es, die Rebellen aus dem Zentrum Myanmars zurückzudrängen. Er stellte schlagkräftige Einheiten zusammen, die mit äußerster Härte die Gegner bekämpften. Die Karen gerieten in die Defensive. Zu ihrer Überraschung fanden sie kaum Unterstützung bei den anderen Minderheiten. Völker, wie die Shan und Chin, hielten sich aus den Gefechten heraus, da sie der neuen Regierung eine Chance geben wollten.

Ende der 1950er-Jahre waren die Kommunisten und die Separatisten unter Kontrolle gebracht. Die Zentralregierung bemühte sich um Aussöhnung und erließ eine Amnestie für die Rebellen. Vor allem die BCP-Kämpfer nutzen die Möglichkeit eines Neuanfangs und gründeten die „People’s Comrade Party“. Einige Mitglieder der Regierungspartei spalteten sich ab und traten in die neue Partei ein. U Nu wollte derart geschwächt nicht weiterregieren und trat als Premierminister zurück. Die Macht ging kurzzeitig auf das Militär über – Ne Win wurde Interims-Regierungschef.

Die Neuwahlen von 1960 gewann U Nu mit seiner Partei, der AFPFL. Das eindeutige Votum war für den alten und neuen Premierminister die Bestätigung, aktiv seine politischen Visionen umzusetzen. Doch die Änderungen zogen Ärger nach sich. Die Idee, den Buddhismus als Staatsreligion zu fördern, wurde von einigen nichtbirmanischen Völkern abgelehnt. Den Minderheiten wollte U Nu politisch stärker entgegenkommen – Shan und Mon sollten in Zukunft mehr Autonomie genießen. Doch dieses Vorhaben stieß in Militärkreisen auf Widerstand. Im März 1962 stürzte General Ne Win die Regierung und übernahm die Amtsgeschäfte.

Literatur:

Charney, Michael W.: A History of Modern Burma. Cambridge, 2009.
Ludwig, Klemens: Birma.  München, 2009.

Hier geht es zu Teil 9: Yangon – der neue Mittelpunkt
Teil 11: Der autoritäre Staat
 



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