Ramakien – die thailändische Version des Ramayana

Royal Palace, Bangkok. 08/2010.
Royal Palace, Bangkok. 08/2010.

Neben dem Mahabharata ist das Ramayana das bedeutendste indische Epos. Die Datierung des Ramayana ist nicht genau möglich, doch grob lässt sich die Entstehung des Werkes vor ungefähr 2000 bis 2500 Jahren einordnen. Es gibt nicht die eine verbindliche Version des Werkes. Zählt man die verschiedenen Textarten (Epos, Dichtung, religiöse Erzählung) zusammen, finden sich ungefähr 25 in Sanskrit abgefasste Varianten. Dazu kommt eine unüberschaubare Zahl von fremdsprachlichen Ramayana-Erzählungen. Mit der Verbreitung der indischen Kultur wurde auch das Epos in die Länder Süd- und Südostasiens getragen. Es finden sich Texte in Balinesisch, Bengali, Kambodschanisch, Chinesisch, Javanisch, Laotisch, Malaiisch, Tamil, Thai, Tibetanisch und in vielen weiteren Sprachen. Viele dieser Werke wurden nicht nur aus dem indischen übertragen, sondern auch an den landestypischen Gepflogenheiten angepasst.

In Thailand wurde das Epos unter dem Namen Ramakirti (รามเกียรติ์) / Ramakian verbreitet. Zwar handelt es sich um Geschichten aus der hinduistischen Götterwelt, dennoch haben die Thais die Texte in ihre buddhistische Kultur integriert. Die Darstellungen von Episoden des Mythos sind vielfältig und reichen vom Tanz bis hin zur Tempelmalerei.

Sehr schöne Wandmalereien finden sich im Wat Phra Kaeo, dem Tempel des Smaragd-Buddhas, der neben dem Palast in Bangkok liegt. Dort wird ausführlich die gesamte Geschichte dargestellt.

Worum geht es in den Ramakian? Ähnlich wie in der Ilias hat der Bösewicht eine Frau entführt und möchte sie nicht herausrücken. Das führt zu einem Kampf zwischen den Göttern und den Dämonen.

Aber von Beginn an! In der Welt der Ramakian leben verschiedene Wesen: Menschen, Affen, Götter und Dämonen. Die Götter gründen die Stadt Ayutthaya, die Dämonen die Stadt Longka.

Der Hauptteil des Epos widmet sich der Fehde der beiden Könige dieser Städte: Phra Ram, der in Ayutthaya herrscht und von Menschen und Affen unterstützt wird und Thotsakan, dem zehnköpfigen Herrscher der Dämonenstadt. Beide kennen sich aus einem vorigen Leben, in dem Phra Ram den Dämonen getötet hat.

In der Thai-Version des Ramayana nehmen die Affen eine wichtige Rolle ein. Der mächtigste unter ihnen ist Hanuman, der durch den Windgott erschaffen wurde und ein treuer Verbündeter von Phra Ram ist. Er besitzt magische Fähigkeiten, kann sich in verschiedene Wesen verwandeln und kann einen Dreizack aus seinem Körper ziehen.

Der Dämon Thotsakan ist unsterblich, zumindest auf herkömmliche Art. In einem Ritual wurde sein Herz entnommen, in einem gläsernen Behälter gelegt und an einem geheimen Ort aufbewahrt. Solange der Dämon dem Herz fern bleibt, ist er nicht verwundbar.

Das Epos erzählt, wie Götter und Dämonen sich bekämpfen. Als Thotsakan Sida, die Frau von Phra Ram, entführt, spitzt sich die Situation zu. Mit List, Magie und Waffengewalt wird der Krieg geführt.

Der Dämon Phiphek, der Bruder von Thotsakan, der ein Seher ist, verrät seinen Blutsverwandten und läuft zu Phra Ram über. Umgekehrt läuft Hanuman zu den Dämonen über. Allerdings nur, um herauszufinden, wo das Herz von Thotsakant zu finden ist. Der Affe erbeutet das Herz und bietet es Thotsakan zum Austausch gegen Sida an. Der Dämonenherrscher zieht es aber vor, nicht nachzugeben. Er möchte seine Ehre nicht verlieren und lieber in der Schlacht sterben. Daher zieht er in der Gestalt des Gottes Phra Int in die letzte Schlacht. Sein Heer wird aufgerieben und er wird schließlich getötet. Nach vielen Jahren in der Gefangenschaft kann Sida befreit werden.

Mit Phiphek übernimmt ein Verbündeter Longka und heiratet Montho, die Frau von Thotsakan. Doch das Happy End zögert sich noch heraus. Montho gebiert Balaikan. Nachdem der erfährt, dass Thotsakan sein Vater war, sühnt er nach Rache. Er kämpft gegen die Feinde seines Vaters, doch nach anfänglichen Erfolgen siegt schließlich die Sippe der Götter.

Durch eine List wird Sida angestiftet ein Bild von Thotsakan zu malen. Phra Ram sieht das und glaubt, dass seine Frau in den toten Dämonenherrscher verliebt sei. Er urteilt streng und befiehlt Phra Lak die schwangere Sida zu töten. Doch der bringt das nicht über das Herz. Er tötet ein Reh und zeigt dessen Herz Phra Ram zum Beweis, dass Sida tot ist. Die hingegen lebt bei einem Einsiedler und gebiert dort einem Sohn, der durch Magie verdoppelt wird.

Jahre später trifft Phra Ram mit seinen Soldaten in einem Wald auf seine Kinder. Er sieht deren Geschicklichkeit und erkennt, dass sie von ihm sind. So trifft er Sida wieder und will ihr verzeihen, doch sie hat noch immer Angst vor ihm. Erst am Ende der Erzählung wird die Familie durch Vermittlung von Phra Isuan wieder zusammengeführt. Damit endet die Geschichte: Die Welt ist gerettet und alle sind glücklich und zufrieden.

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