Ein paar Zeilen zu Ho Chi Minh

Ho-Chi-Minh-Mausoleum, 03/16.
Ho-Chi-Minh-Mausoleum, 03/16.

Die wichtigste Stadt im Süden Vietnam, das ehemalige Saigon, trägt nun den Namen des kommunistischen Revolutionärs Ho Chi Minh.
In einem anderen Blog las ich eine Diskussion über ein Flugblatt, in dem Hồ Chi Minh in eine Reihe mit den kommunistischen Diktatoren Stalin und Mao gestellt wurde. In solche Gesellschaft darf man ihn aber nicht einreihen, da er alles andere als ein furchteinflößender Tyrann war. Aber wer kennt heute noch die Hintergründe für den Freiheitskampf der Vietnamesen und die Taten Hồ Chi Minhs? Daher folgt eine kleine Erzählung des bewegten Lebens des Revolutionärs.

1890 wurde Hồ Chi Minh unter dem Namen Nguyễn Tất Thành geboren. Zu dieser Zeit war Vietnam dem französischen Kolonialreich eingegliedert. Durch Monopolbildung bei Gütern wie Salz, Alkohol und Opium verstanden es die Franzosen hohe Gewinne einzufahren. Doch schufen sie damit soziale Probleme, die Hồ auch in seinem persönlichem Umfeld erlebte. Nach einer gewaltsam aufgelösten Demonstration verließ er 1911 das Land, indem er auf einem französischen Dampfer anheuerte.

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Er bereiste die Welt und machte Halt in Dakar, Boston, New York und Le Havre. Er lernte die französische Sprache, weil er wusste, dass das für seine politische Arbeit wichtig werden würde. Schließlich blieb er in Europa; zunächst in London, später in Paris. Dort versuchte er mit wichtigen Politikern Kontakt aufzunehmen, um auf die Not Vietnams aufmerksam zu machen. Doch das misslang. Nach und nach wurde er als politischer Agitator bekannt. So bekannt, dass er es vorzog, 1924 nach Moskau zu flüchten.

In dieser Zeit wurde eine friedliche Einigung mit den Franzosen immer unwahrscheinlicher. Nach einem Gespräch mit Ernst Thälmann sah Hồ Chi Minh nur noch den Weg, die Probleme Vietnams von innen her zu lösen. Daher setze er nach Asien über, einte dort 1930 die beiden konkurrierenden Bewegungen des vietnamesischen Widerstandes und ging als deren Führer hervor. Ein Jahr später wurde er in Singapur wegen der Gründung der kommunistischen Partei festgenommen und in Hongkong für 18 Monate inhaftiert.

Der 2. Weltkrieg brach aus. Japan führte nicht nur Krieg mit China, sondern besetzte auch Teile Vietnams. Hồ Chi Minh versuchte daher, in China Verbündete für den Freiheitskampf zu finden. Doch er blieb erfolglos, da die Chinesen selber daran interessiert waren, sich einen Teil Vietnams einzuverleiben. Und so wurde Hồ zunächst wieder in ein Gefängnis verfrachtet. Doch das Blatt wendete sich schnell und komplett. Hồ wurde freigelassen und erhielt sogar finanzielle Unterstützung. Chinesen und Amerikaner wollten mit seiner Hilfe die Japaner in Indochina zurückdrängen. Die Chinesen erhofften dadurch ihren Einmarsch in Vietnam zu erleichtern, doch durch die Revolution in ihrem Land kam es nie dazu.

Durch die Niederlage im Weltkrieg mussten die Japaner wieder das Festland verlassen und zogen sich auf ihre Insel zurück. Ein Schritt in die Unabhängigkeit Vietnams war gemacht, aber die Franzosen blieben und kämpften weiter um ihre Kolonie. Die Soldaten um Hồ Chi Minh agierten mit einer erfolgreichen Guerilla-Taktik, gegen die Artillerie und Flugzeuge nichts ausrichten konnten.

 

Als die Franzosen letztlich doch das Land verließen, übernahm ein autoritäres Regime die Macht in Südvietnam, das von den Amerikanern unterstützt wurde. Die Amerikaner griffen nun verstärkt ein, da sie in Hồ Chi Minh nun nicht mehr den Freiheitskämpfer, sondern in erster Linie den Kommunisten sahen

Die Guerillas aus dem Norden schlugen gezielt zu. Sie versuchten die Verwaltung des Südens zu stören und töteten dafür auch. Die Ermordungen trafen zwar häufig Verbrecher, doch waren die Mittel oft grausam.

An dieser Stelle möchte ich die Kriegsschilderungen nicht weiter vertiefen, da ich den amerikanischen Vietnamkrieg ein anderes Mal thematisieren möchte. In diesem Artikel soll es um Hồ Chi Minh gehen. Der Krieg verlief gut für die Revolutionäre und die Amerikaner sollten sich aus dem Land zurückziehen. Allerdings erlebte Hồ Chi Minh das nicht mehr selber. Er starb am 2. September 1969.

Hồ Chi Minh erlebte als Politiker einen Kolonialkrieg und einen Bürgerkrieg. In seiner Zeit gab es eine lange Reihe an schweren Verfehlungen: Kriegsverbrechen, Grausamkeiten bei der Landneuverteilung und der Betrieb politischer Umerziehungslager. Die Frage ist, welche Schuld lud sich Hồ dabei auf? Die Antwort ist nicht eindeutig und die Literatur ist in diesem Bereich leider auch stark tendenziös.

Er scheint gegen politische Gegner keine Grausamkeiten gefordert zu haben und sogar im Gegenteil besänftigend gewirkt zu haben; beispielsweise als er bei den Gewaltexzessen der Landumverteilung zum friedlichen Umgang aufrief.

Martin Großheim schreibt in seiner Ho-Chi-Minh-Biographie: „In der Praxis zeigte sich, dass Ho Chi Minhs mäßigender Einfluss begrenzt war und es ihm auch an der nötigen Durchsetzungskraft sowie an Mut fehlte. Er blieb zwar eine wichtige Legitimationsquelle für die Kommunistische Partei, doch war 1951 ein Prozess eingeleitet worden, der Ho Chi Minh mehr und mehr auf seine symbolische Rolle als Ikone der Revolution beschränkte.“
Fest steht, dass der Privatmensch Hồ Chi Minh stark im Hintergrund blieb. Die Öffentlichkeit kannte einen Politiker, der für einen Revolutionär ungewöhnlich sanftmütige Seiten an den Tag legte. Er verkörperte konfuzianische Tugenden, wie Güte und Bescheidenheit. Auf dem oben gezeigten Denkmal sitzt er zusammen mit einem Kind – für einen Revolutionsführer ein ungewöhnliches Bild. Nein, ein Stalin war Hồ Chi Minh nicht!

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